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#Nietzsche Revisited – #Kreativmoral und #Reaktivmoral, über die Travestie der Stärke
#Gütersloh, 16. August 2025
Friedrich #Nietzsche sprach von »#Herrenmoral« und »#Sklavenmoral«. 2 große, farbige #Metaphern, die aber bis heute missverständlich geblieben sind: Sie lassen an gesellschaftliche Stände oder an historische #Sklaverei denken – und nicht an das, was Nietzsche eigentlich meinte. Denn seine #Dichotomie ist weniger sozial als vielmehr #psychologisch und #existenziell. Die Begriffe sind seinem Zeitgeist geschuldet, heute wirken sie zutiefst anachronistisch.
Diese Gegenüberstellung ist scharf, aber die Begriffe führen leicht in die Irre. Darum lohnt ein neues Vokabular. Zudem steht der Begriff »Moral« in diesem Zusammenhang nicht für das, was man heute gemeinhin darunter versteht, sondern für das, was man als Sitte, Denkweise und Handlungsmuster versteht.
»Kreativmoral« vs. »Reaktivmoral«
Statt von »Herr« und »Sklave« zu sprechen, können wir heute von »Kreativmoral« und »Reaktivmoral« sprechen. Diese Worte sind klarer – und zeigen präziser, was auf dem Spiel steht. »Kreativmoral« ist schöpferisch, bejahend, eigenständig. Werte werden gesetzt, nicht erfragt. Stärke zeigt sich darin, dass sie nichts kleinmachen muss. »Reaktivmoral« ist defensiv, trotzig, abhängig. Sie lebt von Abgrenzung und Ressentiment. Ihr Hauptimpuls ist die Reaktanz: sie widerspricht, opponiert, bremst – ohne selbst Neues hervorbringen zu können.
So verstanden wird Nietzsches Dichotomie plötzlich zeitgemäß.
Die #Travestie der Stärke
Der Publizist #Roger #Willemsen hat den Begriff »Travestie« nicht nur als »Verkleidung« verstanden, sondern als »#Perversion«. Genau das sehen wir, wenn die »Reaktivmoral« sich als »Kreativmoral« ausgibt: eine Travestie der Stärke.
Wer mobbt, manipuliert, erniedrigt, inszeniert keine Souveränität – er verrät Schwäche. Wahre Stärke braucht keine Opfer. Sie hat es nicht nötig, andere kleinzuhalten. Eine Travestie erkennt man daran, dass sie nie kreativ, sondern immer nur taktisch ist: eine Pose ohne Quelle, ein Echo ohne Ursprung.
Damit erklärt sich, warum es so wenige Menschen gibt, die wirklich schöpferisch wirken, und so viele, die #Macht imitieren. Die meisten »Führungsfiguren« oder »Macher« leben nicht aus »Kreativmoral«, sondern aus »Reaktivmoral« – nur eben geschickt verkleidet.
Nietzsches alte Unterscheidung bleibt gültig: Es gibt eine #Moral, die schafft, und eine Moral, die reagiert. Aber die Begriffe »Herr« und »Sklave« verdecken mehr, als sie zeigen. »Kreativmoral« und »Reaktivmoral« benennen den Kern viel klarer:
»Kreativmoral« setzt. »Reaktivmoral« widerspricht. Und wo Reaktivmoral sich als Kreativmoral tarnt, entsteht die Travestie – die pervertierte Form der Stärke.
Hauptmerkmal der »Reaktivmoral«
Der Begriff »Reativmoral« sitzt, denn das Hauptmerkmal dieser Moral ist leicht zu erkennen: Es ist die Reaktanz.
In der #Psychologie versteht man unter #Reaktanz eine motivationale Reaktion, die auftritt, wenn die persönliche #Freiheit oder #Wahlmöglichkeit als eingeschränkt oder bedroht wahrgenommen wird – insofern ist der Begriff »Sklavenmoral« in gewisser Hinsicht recht bildhaft und deskriptiv. Die »Sklaven« haben ein Gefühl des Widerstands, das dazu führt, dass sie versuchen, ihre verlorene oder bedrohte #Freiheit wiederherzustellen.
So lässt sich Nietzsche neu lesen: nicht als #Historie von #Herrschaft und #Knechtschaft, sondern als #Diagnose zweier Grundhaltungen – damals wie heute.