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KWS Lectures: der Lackmustest der Demokratie
#Gütersloh, 24. Oktober 2025
In Zeiten der #Selbstgewissheit erinnert diese Lecture daran, dass #Demokratie mehr ist als die Verwaltung von Mehrheiten. Sie ist ein #ethisches #Projekt, kein #technisches. Nicht ihre Verfahren machen sie groß, sondern ihr Verhältnis zum Einzelnen – gerade dann, wenn dieser unbequem ist. Der #Lackmustest der Demokratie liegt nicht im #Jubel der #Menge, sondern im Schweigen vor dem Menschen, der Nein sagt.
Der Lackmustest für eine Demokratie ist der Umgang mit dem Einzelnen.
Nicht in Wahlen, nicht in Programmen, nicht in Parlamentsreden entscheidet sich, ob ein Gemeinwesen demokratisch ist, sondern im Zwischenraum – dort, wo Macht auf Mensch trifft.
Natürlich gibt die #Mehrheit die #Richtung vor. Das ist das pragmatische Prinzip, ohne das kein #Staat regierbar wäre. Doch Mehrheiten sind keine moralischen Instanzen, sie sind Momentaufnahmen kollektiver Präferenzen. Demokratie ist kein System, das Macht legitimiert, sondern Verantwortung organisiert. Für die #Bündelung oder #Konzentration von #Macht gibt es ein anderes Wort: #Faschismus.
Ihre Größe liegt darin, Macht nicht zu verabsolutieren, sondern sie zu binden – an Regeln, an Rechte, an Rücksicht.
Der #Irrtum beginnt, wenn Demokratie mit #Durchsetzung verwechselt wird. Wenn man glaubt, die Mehrheit habe nicht nur die Stimme, sondern auch das #Gewissen. Dann entsteht eine stille #Tyrannei, die sich demokratisch nennt, aber autoritär wirkt – freundlich, regelkonform, institutionell. Der Einzelne wird dann zum #Störfaktor, zum #Risiko, zum »#Problemfall«. Doch gerade an ihm zeigt sich, ob Prinzipien gelten oder nur Sympathien.
Umgekehrt gilt: Auch Minderheiten und Einzelne sind nicht #sakrosankt. Die #moralische #Inflation der vergangenen Jahre – die Überhöhung jeder Befindlichkeit zur politischen Kategorie – hat die Idee des #Diskurses ausgehöhlt. Wenn jede #Kritik als #Kränkung gilt, wird Demokratie sentimental. Dann ersetzt Empfindlichkeit die Verantwortung, die jeder für das Ganze trägt.
#Compliance – das große Wort unserer Zeit. Ursprünglich ein Begriff aus der #Wirtschaft, heute ein moralisches Etikett, das überall klebt: auf #Behörden, #Vereinen, #Schulen, #Medien. Doch Compliance ohne Gewissen ist nur #Bürokratie. Wahre Compliance beginnt dort, wo das Richtige nicht mehr vorgeschrieben, sondern erkannt wird. Wo Menschen Verantwortung füreinander übernehmen – nicht aus Angst vor Sanktion, sondern aus Respekt vor dem Anderen.
Die Demokratie ist kein Naturzustand. Sie ist eine Haltung, ein tägliches Versprechen: dass wir Macht zügeln, auch wenn sie uns selbst gehört. Dass wir den Einzelnen achten, auch wenn er uns irritiert. Und dass wir #Recht nicht #beugen, um Ruhe zu haben.
Der Lackmustest für eine Demokratie ist der Umgang mit dem Einzelnen – nicht, weil der Einzelne wichtiger wäre als das Ganze, sondern weil an ihm das Ganze sichtbar wird. Weil der Einzelne genauso »wichtig« ist wie das Ganze, und weil das Ganze genauso »wichtig« ist wie der Einzelne. Analog zu Aristoteles’ Begriff des »Zoon politikon«: Das Individuum ist nur im Gemeinwesen vollständig, und das Gemeinwesen existiert nur durch Individuen. Er hebt die wechselseitige Bedingtheit hervor.
Exkurs: Was ist eigentlich ein Lackmustest?
#Lackmus ist ein aus #Flechten – meist der Gattung Roccella – gewonnener blauvioletter #Farbstoff. In der #Chemie dient er als Indikator: Seine wässrige Lösung verändert ihre Farbe, je nachdem, ob sie mit einer Säure oder einer Base in Berührung kommt. Blau wird zu Rot, Rot wird zu Blau – ein einfaches, aber zuverlässiges Zeichen dafür, wie etwas wirklich beschaffen ist. Viele kennen ihn aus dem #Chemieunterricht in der Schule, als Papierstreifen aus blauviolettem #Lackmuspapier.
Übertragen auf #Politik bedeutet das: Auch eine Demokratie zeigt ihre wahre Farbe erst im Kontakt mit dem, was sie herausfordert. Nicht in der Routine, sondern in der Reibung. Der Lackmustest offenbart, ob Prinzipien nur proklamiert oder tatsächlich gelebt werden. Er ist eine stille, aber präzise Probe auf den inneren Zustand eines Gemeinwesens – und dieser zeigt sich nie im Glanz des Erfolgs, sondern im Umgang mit Widerspruch.
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